26.03.2019 -
Nach dem Rücksetzer im vergangenen Jahr springen die Aktienkurse in die Höhe. Anleger sollten sich von diesem Comeback nicht blenden lassen. Denn langfristig setzt sich nur Qualität durch.
Was für eine Wende. Innerhalb von nur drei Monaten drehte der Aktienmarkt in einer Weise, die selbst altgediente Anlageprofis überraschen kann. Nehmen wir einmal den US-Aktienindex S&P 500. Seit dem Tiefpunkt zu Weihnachten 2018 legte der US-Aktienindex im Frühjahr in der Spitze um gut 20 Prozent zu.
Der Vergleich mit historischen Kurstabellen zeigt die Dimension der jüngsten Kursbewegungen. Der Dezember 2018 war bei US-Aktien der schlechteste Dezember (nicht Monat) seit 1931. Mit einem Plus von 11,4 Prozent folgte im Januar und Februar 2019 dann der fünftbeste Jahresstart seit Bestehen des S&P 500 Index. Nur in den Jahren 1975, 1931, 1987 und 1943 gab es in den beiden Monaten einen besseren Jahresstart.
Dabei ist eigentlich kaum etwas passiert. Die Hochkonjunktur dürfte hinter uns liegen, der Handelskonflikt der USA mit China ist noch nicht gelöst, die Notenbankpolitik bleibt expansiv. Die Börse ist – und das habe ich schon in meiner Zeit als Wertpapierhändler in den neunziger Jahren gelernt – eben ein Ort der Übertreibungen. Und bald könnte es schon wieder kräftig runter gehen.
Das Problem: Vielen Anlegern wird es angesichts solch hoher Schwankungen Angst und Bange. Sie möchten ein robustes Portfolio, das zwar kurzfristig im Wert schwanken kann, das Vermögen aber langfristig erhalten und mehren soll. Ein wichtiger Bestandteil eines solchen Portfolios sind Aktien. Diese Anlageklasse kann auch in einer Welt ohne Zinsen für langfristig auskömmliche Renditen sorgen – wenn die Anleger auf Qualität achten.
Wir investieren nicht mal eben in den breiten Markt, sondern langfristig. In sorgsam ausgewählte Einzeltitel, breit gestreut nach Branchen und Ländern. Der Fokus liegt auf Aktien von soliden Unternehmen, die in der Vergangenheit und in der nahen Zukunft einen hohen Cash Flow erzielen, also über genügend Mittel verfügen, ihre Verbindlichkeiten zu tilgen, eigene Aktien zu erwerben oder eine Dividende zu zahlen.
Wir investieren auch in Titel zyklischer Unternehmen. In Aktien von unterbewerteten Firmen mit solider Bilanz, aber nur wenn es sie – wie etwa Ende Dezember vergangenen Jahres - im Sonderangebot gibt. Das Verhältnis von Chance und Risiko muss uns angemessen erscheinen. Die letzte Finanzkrise hat gezeigt: Gewinneinbrüche von Unternehmen mit einer starken Position im Wettbewerb sind nur temporär, wenn sie eine Krise dank einer soliden Bilanz überstehen und am folgenden Aufschwung partizipieren.
Um solche Chancen zu nutzen, benötigt der Anleger zwei Eigenschaften. Der erste lautet Geduld. Kurzfristige Kurseinbrüche spielen bei einem langen Anlagehorizont keine wesentliche Rolle. Wer die Volatilität gänzlich mit Sicherheitsstrategien eindämmen möchte, muss auf einen erklecklichen Anteil seiner Rendite verzichten.
Ein deutlicher Kursrückgang etwa erhöht die Volatilität einer Aktie. Aus Sicht von Anhängern der klassischen Portfoliotheorie steigt damit auch das Risiko, obwohl der Preis nun sehr viel niedriger ist als zuvor. Für den kaufmännisch denkenden Investor dagegen ist es genau umgekehrt: Ein tieferer Einstiegskurs bedeutet ein geringeres Risiko, weil er das Renditepotenzial erhöht – vorausgesetzt, an der Substanz des Unternehmens hat sich nichts verändert. Volatilität ist aus seiner Sicht nichts Böses, im Gegenteil: Sie beschert ihm von Zeit zu Zeit Sonderangebote. Der Gewinn liegt bekanntlich (auch) im Einkauf.
Nicht zuletzt ist Flexibilität für den Anlageerfolg entscheidend. Nur wer Opportunitäten nutzt und genügend Cash auf der hohen Kante hat, kann im Falle eines kurzfristigen Kurssturzes von Aktien-Schnäppchen profitieren. Illiquide Anlagen – etwa in geschlossene Beteiligungen – machen Investoren unflexibel.
Ein Portfolio, das nur aus Aktien besteht, kann unseres Erachtens aber nicht alle Marktturbulenzen unbeschadet überstehen. Dafür ist ein Mix aus verschiedenen Anlageklassen wichtig. Dazu zählen auch Anleihen. Die letzten Krisen an den Börsen haben gezeigt, dass die traditionelle Lehre, nach der die steigenden Kurse von sicheren Staatsanleihen die Verluste der Aktien im Depot wieder wett machen nicht mehr in jedem Falle gilt. Ein Teil des Depots sollte wegen der Diversifikation dennoch auch aus Bonds bestehen. Wir investieren vor allem in Unternehmensanleihen, die ein gutes Verhältnis von Chancen und Risiken bieten.
Die robusteste Anlageklasse sind Edelmetalle, allen voran Gold. Zumindest mit Blick auf die Fragilität unseres Finanzsystems. Gold ist für uns eine Feuerversicherung, für den Fall, dass das Vertrauen in das Papiergeld unserer expansiven Notenbanken schwinden sollte. Hoffen wir, dass wir diese „Police“ niemals benötigen.