04.01.2022 -
Wenn die Preise anziehen, sollte der Wert des Vermögens auch steigen. Was Unternehmen auszeichnet, deren Aktien sich als Inflationsschutz eignen.
Auch wenn die Inflationsraten zukünftig nur bei drei oder vier Prozent lägen, würden sie den realen Wert von Sparbüchern, Kontoguthaben oder Anleihen aushöhlen. Aktien bieten einen weitaus besseren Inflationsschutz, vorausgesetzt die Unternehmen schaffen es, ihre Gewinne trotz höherer Kosten zu steigern.
Wichtig ist allerdings, dass die Zinsen nicht deutlich steigen, weil dann die Bewertung von Aktien sinken würde, so wie es in den 1970er-Jahren der Fall war. Damals kamen die Aktienkurse trotz steigender Unternehmensgewinne nicht vom Fleck, weil der extreme Zinsanstieg die Aktienbewertung halbiert hat.
Die zum Teil kräftigen Kursschwankungen der vergangenen Wochen verdeutlichen, dass die gestiegenen Inflationserwartungen und die damit verbundene Sorge vor einer strengeren Geldpolitik viele Investoren verunsichert hat. Die werden aber damit leben müssen, denn kurzfristige Kursschwankungen sind nun einmal der Preis für langfristigen, realen Wertzuwachs, der Preis für das langfristig höhere Renditepotenzial.
Solange davon auszugehen ist, dass der Realzins sicherer Anleihen negativ bleibt, sind Aktien die einzige liquide Anlageklasse , die dem Anleger neben laufenden Erträgen auch die Aussicht auf einen realen Wertzuwachs bietet. Allerdings gilt diese Eigenschaft nicht pauschal für alle Aktien, da sie die Fähigkeit des Unternehmens voraussetzt, seine Preise und/oder Mengen so zu erhöhen, dass der Gewinn mindestens genauso stark steigt wie die Inflation. Dann würde die Aktie bei unveränderter Bewertung mindestens mit der Inflationsrate steigen und ihren realen Wert erhalten oder erhöhen.
Damit Anleger einen realen Wertzuwachs erreichen können, benötigen sie einen langfristigen Anlagehorizont und gute Nerven, eben nicht vorzeitig auszusteigen, wenn es einmal ruppiger zugeht an der Börse. Das fällt Anlegern leichter, wenn sie in Aktien zukunftsträchtiger Unternehmen investiert haben, von deren Qualität sie überzeugt sind. Solche Allwetterunternehmen, die über hervorragende Produkte, eine starke Wettbewerbsposition und hohe Profitabilität verfügen, sind besser in der Lage, mit steigenden Kosten umzugehen als anfällige Unternehmen, die wenig profitabel sind und hohe Schulden haben.
Dies gilt in besonderem Masse für material- oder energieintensive Unternehmen, bei denen die kräftig gestiegenen Energiekosten und Engpässe bei Vorprodukten eine grosse Herausforderung darstellen. In Zeiten der Inflation zeigt sich, über alle Bekundungen und Werbesprüche hinaus, wie robust ein Unternehmen wirklich ist. Profitabilität spielt dabei eine besondere Rolle, denn hochprofitable Unternehmen haben mehrere Möglichkeiten, ihre Kundenbeziehungen zu festigen und neue Kunden zu gewinnen.
Sie können zeitweise höhere Preise für knappe Vorprodukte zahlen, einen höheren Beschaffungsaufwand akzeptieren, um lieferfähig zu bleiben, und Preiserhöhungen bewusst hinausschieben, um neue Kunden zu gewinnen. Im Wettbewerb um motiviertes und qualifiziertes Personal können sie höhere Gehälter zahlen und zusätzliche Leistungen anbieten. Wenig profitable Unternehmen haben diese Möglichkeiten zumeist nicht. Auch eine solide Bilanz mit geringer Verschuldung verschafft dem Unternehmen mehr Handlungsspielraum.
Die folgenden Aspekte sind in Zeiten steigender Inflation besonders wichtig und spielen deshalb bei unserer Unternehmensanalyse und Aktienauswahl eine grosse Rolle:
Einige deutsche Autobauer nutzen ihre Flexibilität in Produktion und Vertrieb und verbauen die knappen Chips vor allem in Premium-Modellen mit höheren Umsatzrenditen. Trotz steigender Rohstoffkosten, Lieferverzögerungen und Engpässen bei Chips werden sie deshalb in diesem Jahr voraussichtlich einen Rekordgewinn erzielen.
Im Konsumgüterbereich waren Preiserhöhungen auch wegen der Macht des Handels lange Zeit nur schwer durchsetzbar. Grosse, international tätige Konsumgüterhersteller haben das in den vergangenen Jahren mit Effizienzsteigerungen weitgehend kompensieren können. Ihre Grösse ist bei Preisverhandlungen mit Lieferanten hilfreich. In den kommenden Quartalen wird sich zeigen, wie weit es den Unternehmen gelingt, auch bei Grosskunden wieder deutliche Preiserhöhungen durchzusetzen.
Technologieunternehmen, insbesondere solche mit einem hohen Softwareanteil, leiden naturgemäss weniger unter Inflation. Hier wirken sich allenfalls steigende Strompreise und mit Verzögerung höhere Personalkosten negativ aus. Der wichtigste Werttreiber für diese Unternehmen bleibt das überdurchschnittliche Umsatzwachstum.
Die jüngsten Kursverluste bei Aktien des Technologiesektors sind deshalb auch nicht auf die steigende Inflation und etwaige Lieferengpässe zurückzuführen, sondern eher auf die abgeleitete Angst vor steigenden Zinsen und in Einzelfällen die Sorge vor einer schärferen Regulierung. Dies galt zuletzt auch für die chinesischen Technologiekonzerne, bei denen die Angst vor dem langen Arm der Regierung in Peking zu einer Massenflucht der Investoren aus diesen Titeln geführt hat. Die Gefahr von Eingriffen in Eigentumsrechte, die in staatlich gesteuerten Schwellenländern grösser ist, drückt sich bei den betroffenen Unternehmen in einer niedrigeren Börsenbewertung aus.
Durch die weiter voranschreitende Digitalisierung bietet der Technologiesektor das grösste Wachstumspotenzial. Dieser Bereich ist heute aber umfassender zu verstehen als in der Vergangenheit. Inzwischen gehören neben klassischen Soft- und Hardwareanbietern sowie Plattformen auch Unternehmen aus dem Industriesektor und der Medizintechnik, Zahlungsdienstleister und teilweise auch Hersteller langlebiger Konsumgüter zu dieser Kategorie. Unternehmen aus diesen Sektoren tragen dazu bei, die Produktivität der Wirtschaft und die Herausforderungen des Klimaschutzes sowie den demografischen Wandel zu meistern und bieten ihren Aktionären die Aussicht auf einen realen Wertzuwachs des investierten Kapitals.
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