05.03.2019 -
Trotz zahlreicher politischer Krisen feierten Aktien einen fulminanten Jahresstart. Was hinter der Rally steckt und wie sich Anleger für den „Sägezahnmarkt“ aufstellen können.
Das schwache Anlegerjahr 2018 scheint schon wieder vergessen. Nach nur zwei Monaten des neuen Jahres notieren der US-Aktienindex S&P 500 und der MSCI Welt – in Euro und inklusive Dividenden gerechnet – gut zwölf Prozent im Plus. Die zyklischeren europäischen Börsen folgen mit Abstand, der Dax gewann neun Prozent. Gold schaffte (in Euro gerechnet) ein Plus von rund drei Prozent. Und auch Unternehmensanleihen rentierten positiv, der Barclays Global Aggregate TR Index hedged EUR schaffte immerhin 0,8 Prozent.
Der sehr erfreuliche Jahresstart zeigt einmal mehr, wie wenig Sinn Renditevergleiche ergeben, die sich an bestimmten Stichtagen orientieren. Im Kalenderjahr 2018 schloss der MSCI Welt (in Euro und inklusive Dividenden) noch mit einem Minus von mehr als vier Prozent. Wenn wir den Zeitraum nur um zwei Monate verlängern, steht seit Anfang 2018 hingegen ein Plus von mehr als fünf Prozent. Der Blick auf den Chart zeigt: Eigentlich ist gar nicht so viel passiert. Im aktuellen „Sägezahnmarkt“ schwankten die Kurse lediglich in einer Bandbreite von knapp sechs Prozent ins Plus und ins Minus (vgl. Grafik 1).
Handelskonflikt, Brexit, Konjunkturschwäche – angesichts der vielen Krisen scheint das Comeback der Aktienkurse zumindest aus dem Blickwinkel eines Ökonomen vielleicht noch überraschend. Für den erfahrenen Anleger war es in der Rückschau aber wohl eher eine logische Folge. Denn die Gewinne der im S&P 500 gelisteten Unternehmen sind in den vergangenen 15 Jahren kräftig gewachsen (vgl. Tabelle 1). Damit nicht genug: Die Unternehmensgewinne im S&P 500 liegen heute im Schnitt 15 Prozent höher als Analysten dies vor 12 Monaten erwartet hätten. Selbst, wenn der Gewinnanstieg dieses Jahr sehr viel geringer ausfallen sollte als im vergangenen Jahr, bedeutet das auf dem heute (im Vergleich zu Anfang 2018) unveränderten Kursniveau eine niedrigere Bewertung. US Aktien sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von knapp 16 unseres Erachtens nicht überteuert (vgl. Grafik 2).
Noch attraktiver erscheinen Aktien im Vergleich zu sicheren Anlagealternativen. Das zeigt beispielhaft der Vergleich von „Weltzins“, also der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen aus den USA und Deutschland, mit der erwarteten Gewinnrendite der im Aktienindex MSCI Welt gelisteten Unternehmen (vgl. Grafik 3). Während in früheren Jahrzehnten beide Werte häufig im Gleichklang liefen und Anleihen sogar noch attraktiver erschienen, hat sich der Trend nach Ende des Dotcom-Crash 2002 gedreht. Mit einer Differenz von gut fünf Prozentpunkten liegen Aktien aktuell deutlich vorne.
Diese Beispiele zeigen, dass viele der Krisen, die Anleger derzeit von der Börse fernhalten, langfristige Anleger nicht schrecken sollten. Die Unternehmen hatten beispielsweise mehr als zwei Jahre Zeit, sich auf einen möglichen Brexit vorzubereiten. Und ist ein britischer EU-Austritt, von dem wohl nicht einmal Premierministerin Theresa May weiss, wie er genau ablaufen wird, für global aufgestellte Weltkonzerne wirklich so bedrohlich, wie es nach der Lektüre mancher reisserischer Presseberichte vielleicht erscheinen mag? Der MSCI Welt konnte seit dem Brexit-Votum knapp 30 Prozent zulegen. In den Kursen einiger zyklischer Titel war Ende 2018 zeitweise das Szenario einer scharfen Rezession eingepreist. Noch immer sind die im Zuge negativer Erwartungen vieler Anleger gesunkenen Erwartungen an die Unternehmen ein „Puffer“ für negative Nachrichten.
Nun sind wir nicht dafür bekannt, dass wir den Einstieg in den breiten Markt wählen würden. Wir orientieren uns nicht an Benchmarks, unser Ziel sind langfristig attraktive absolute Renditen. Unsere Empfehlung im Sägezahnmarkt, der Anleger unseres Erachtens noch vor einige Herausforderungen stellen dürfte: Ein robustes Portfolio aus aktiv ausgewählten Qualitätsaktien, angereichert um opportunistisch ausgesuchte Anleihen und Gold – der Versicherung gegen die bekannten und unbekannten Risiken unseres Finanzsystems.