05.06.2018 -
Donald Trump schottet Teile der US-Industrie ab. Seine Schutzzölle trafen zuerst chinesische Unternehmen. Jetzt sind die Europäer dran. Droht ein Handelskrieg?
Nach China nun also auch Europa: Donald Trump hat ernst gemacht und die Strafzölle für Stahl und Aluminium aus Europa in Kraft gesetzt. Damit verschärft sich der Handelskonflikt zwischen den grossen Wirtschaftsräumen. Es steht viel auf dem Spiel – nicht nur für die Europäer und Chinesen, auch für die US-Wirtschaft.
Denn Protektionismus kennt letztlich nur Verlierer. Der Welthandel sinkt und die Preise steigen, weil die geschützte heimische Industrie ihre höheren Kosten an die Kunden weiterreichen kann, ohne Absatzverluste befürchten zu müssen. Um einige tausend Stahlarbeiter zu schützen, werden hunderttausende Jobs in anderen Branchen aufs Spiel gesetzt. Wenn die Regierung Unternehmen einen Schutzwall in Form von Importzöllen schenkt, macht das die Unternehmen träge und ineffizient – weil der Wettbewerb fehlt. Arbeitsplätze werden so langfristig nicht geschützt – ganz im Gegenteil. Die Stahlverbraucher wiederum leiden unter höheren Kosten, die sie nur teilweise an ihre Kunden weiterreichen können und büssen so an Wettbewerbsfähigkeit ein.
Eigentlich sollte dies dem US-Präsidenten eine Warnung sein. Doch rationale Argumente wirken auf irrational denkende Menschen wie Bücher auf Analphabeten – sie schieben sie beiseite oder schauen sich nur die Bilder an.
Offene Volkswirtschaften mit einem hohen Handelsbilanzüberschuss würden besonders unter einem weltweiten Handelskrieg leiden. Deutschland etwa und seine international erfolgreiche Autoindustrie. Eine mögliche Zollerhöhung auf Fahrzeuge aus der EU würde vor allem deutsche Hersteller treffen. Weniger Italiener oder Franzosen.
Solange sich der politische Handelskonflikt nicht zu einem weltweiten Handelskrieg ausweitet, dürften sich auch die Auswirkungen auf den Welthandel und das globale Wirtschaftswachstum in Grenzen halten. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Sorge vor einer Ausweitung des Konflikts das Investitionsklima beeinträchtigt. Vor allem Unternehmen mit einem grossen US-Geschäft könnten angesichts der wachsenden Unsicherheiten Investitionen zurückstellen, bis Klarheit herrscht, wie weit es der US-Präsident mit seiner Abschottungspolitik treibt.
Es gibt zudem persönliche Gründe, die gegen eine Eskalation des Handelskonflikts sprechen: Der chinesische Staatschef beispielsweise. Er braucht ein vergleichsweise hohes Wachstum, um seinen Landsleuten den versprochenen Wohlstand zu liefern und so den sozialen Frieden zu erhalten, der seine Macht sichert. Er muss mögliche Vergeltungsmassnahmen sehr vorsichtig dosieren.
Und: Donald Trump hat den Anstieg der Aktienkurse zur Chefsache gemacht und stets als Spiegelbild seines Erfolgs propagiert. Ein Abschwung an der Wall Street, der möglicherweise als „Trump-Crash“ bezeichnet würde, wäre eine persönliche Niederlage für ihn. Nicht zu vergessen, dass davon viele Unterstützer des Präsidenten betroffen wären – und zwar nicht nur seine reichen Freunde, sondern auch zig Millionen Amerikaner, deren Ersparnisse und Pensionsansprüche grösstenteils in Aktien angelegt sind. Käme es dann noch zu massenhaften Entlassungen bei US-Konzernen und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, wäre Trump vermutlich am Ende. Spätestens dann dürfte er mit der gleichen Sprunghaftigkeit, mit der er Massnahmen und Gesetze vorantreibt, diese auch wieder zurücknehmen, wenn sie seinem Erfolg schaden und seine Wiederwahl gefährden.
Noch gibt es also keinen globalen Handelskrieg. Die anhaltende Unsicherheit wird sich aber negativ auf Investitionsklima und Wirtschaftswachstum auswirken. Das spricht im Übrigen auch gegen steigende Zinsen.
Dieser Beitrag erschien in der aktuellen Ausgabe von „Position“, dem Magazin von Flossbach von Storch. Sichern Sie sich hier Ihr kostenloses Abonnement der "Position".
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