09.04.2018 -
Technologieaktien eilten von einem Rekord zum nächsten. Defensive Titel waren weniger gefragt. Hält dieser Trend? Wir haben natürlich keine Kristallkugel. Aber Zweifel dürfen erlaubt sein.
Anleger leben in schwierigen Zeiten. Wohin mit ihrem Geld? In Zeiten niedrigster Zinsen ist eine sinnvolle Streuung des Vermögens (Diversifikation) für Anleger deutlich schwieriger geworden. Eine Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen ist unseres Erachtens aber besonders wichtig. Wer sein Vermögen langfristig erhalten möchte, sollte es sinnvoll auf verschiedene Anlageklassen aufteilen. Auf diese Weise können Anleger unseres Erachtens Risiken reduzieren.
Das Problem: Die Anleihesegmente, die als „sicherer Hafen“ in Frage kommen, werfen kaum mehr Rendite ab oder kosten sogar Geld. Anleihen mit hohen Renditen hingegen weisen nicht selten ein beinahe aktienähnliches Risikoprofil auf und sind daher zur Diversifikation wenig geeignet.
Aus diesem Grund spielt die Ausrichtung des Portfolios innerhalb der Aktienquote heute eine weitaus grössere Rolle als noch vor einigen Jahren. Während sich früher Anleger in turbulenten Börsenphasen gerne in als sicher geltende Staatsanleihen zurückgezogen haben, kommt für langfristig denkende Investoren angesichts des extrem niedrigen Zinsniveaus heute durchaus auch eine defensive Aktie mit stabilen Ertrags- und Dividendenaussichten in Frage. Gut zu beobachten war dieser Trend in der ersten Jahreshälfte 2016, als sich beispielsweise nicht-zyklische Konsumgüteraktien deutlich besser schlugen als der Gesamtmarkt.
Scheint hingegen an der Börse die Sonne, sind solche Werte weniger beliebt. Dann werden Anleger mutiger und kaufen vermehrt Aktien, die sie in unruhigen Phasen eher meiden. Dazu können einerseits konjunktursensible Aktien gehören - Titel von Unternehmen also, die im Aufschwung gut verdienen, während sie in Schwächephasen eher leiden. Aber auch Bankaktien, von denen Anleger zudem glauben, dass sie von steigenden Zinsen profitieren, gehören in diese Kategorie. Die überdurchschnittliche Wertentwicklung solcher „Schönwetteraktien“ seit Mitte 2016 verwundert somit nicht.
Parallel dazu gab es in den vergangenen Jahren aber noch einen weiteren, übergeordneten Trend: Anleger suchten und suchen vor allem Wachstum. Fündig werden sie bei den Unternehmen, die auf den durch das Internet hervorgerufenen digitalen Wandel setzen. Auch, wenn die Definition der „Technologieaktie“ immer weniger eindeutig wird, lässt sich dieser Trend durch die überdurchschnittlich gute Entwicklung der US-Technologiebörse NASDAQ am besten veranschaulichen, die im vergangenen Jahr fast 50 Prozent zulegen konnte.
Die digitale Transformation dringt in alle Branchen und Geschäftsbereiche vor. Mittlerweile müssen sich selbst Hersteller von Konsumgütern des täglichen Bedarfs, die sich traditionell eher in ruhigem Fahrwasser bewegen und durch Ertragsstabilität und solide Dividenden glänzen, mit digitalen Herausforderungen auseinandersetzen. Onlinehandel, soziale Medien, erhöhte Preistransparenz oder veränderte Konsumgewohnheiten - um nur einige Herausforderungen zu nennen. Das Ritual jährlicher Preiserhöhungen im Vertrauen auf unendlich loyale Kunden dürfte auf Dauer nicht mehr ausreichen, um den Geschäftserfolg zu steigern. Auch das erklärt die zuletzt unterdurchschnittliche Entwicklung defensiver Aktiensektoren.
Aber wie lange hält dieser Trend? Natürlich machen wir grundsätzlich keine Marktprognosen. Nach dem aussergewöhnlich ruhigen Jahr 2017 ist das Umfeld an den Börsen 2018 nun wieder sehr viel rauer geworden. Im vergangenen Jahr waren Tage mit Kursschwankungen von mehr als einem Prozent die grosse Ausnahme. Dieses Jahr sind sie die Regel. Je länger die Volatilität hoch bleibt, desto mehr werden quantitative Modelle gezwungen sein, ihre Aktienquoten zu reduzieren.
Es würde uns nicht überraschen, wenn beispielsweise Technologieaktien in einem solchen Umfeld von Gewinnmitnahmen sehr viel stärker betroffen wären als defensive Titel. Dafür sprechen mehrere Argumente. Erstens können defensive Aktien wie eingangs erklärt für Investoren als „Anleiheersatz“ und somit als Zufluchtsort in schwankungsreicheren Börsenphasen dienen. Zweitens ist die Bewertung vieler defensiver Aktien - also das Verhältnis von Aktienkurs zu Bilanzzahlen wie beispielsweise Gewinn, Eigenkapital oder Umsatz - im Vergleich zu Technologietiteln über die vergangenen Quartale sukzessive gesunken. Drittens ist - so banal es klingt - die Tendenz, Gewinne mitzunehmen, bei Aktien, die gut gelaufen sind, naturgemäss deutlich ausgeprägter als bei Aktien, die weniger gut gelaufen sind.