15.11.2018 -
Warum Flexibilität gerade in turbulenten Zeiten an der Börse hilfreich ist.
Potenzielle Krisenherde gibt es derzeit genug: Italiens Schuldenproblem und die daraus erwachsenden Probleme für die Eurozone. Der Handelsstreit zwischen den USA und dem Rest der Welt, meist vertreten durch China. Die nicht enden wollende Diskussion um den Brexit. Oder die steigenden Leitzinsen in den USA sowie der starke US-Dollar, der zu einem Problem für Emerging Markets werden könnte, die überwiegend in Dollar verschuldet sind. All diese Herausforderungen zusammen trüben das Kapitalmarktumfeld merklich ein. Hinzu kommt, dass der aktuelle Wirtschaftsaufschwung schon jetzt zu den längsten in der Geschichte gehört, ergo er irgendwann zu Ende sein wird, ja muss. Der Crash stehe kurz bevor, verkündet deshalb manch Untergangsprophet in der Wirtschaftspresse. Viele Anleger sind verunsichert – was tun in diesem Umfeld?
Seriöses Portfolio-Management darf keine Wette auf Crash oder Rally sein. Wer davon ausgeht, dass die Welt untergeht und sein Depot exakt darauf ausrichtet, könnte am Ende teuer dafür bezahlen – weil Absicherungsinstrumente nicht ganz billig sind und der Crash viel später kommt als angenommen. Niemand vermag den exakten Zeitpunkt vorherzusagen. Ebenso fahrlässig wäre es, davon auszugehen, die Kurse würden wie an einem Lineal gezogen steigen, ohne nennenswerte Rücksetzer, so wie sie das 2017 taten. Leider war das eine Ausnahme, nicht die Regel.
Portfolio-Management sollte deshalb stets konstruktiv, die Anlagestrategie möglichst robust sein. Kern einer solchen Strategie ist unseres Erachtens ein breit aufgestelltes Portfolio bestehend aus Qualitätsaktien, Unternehmensanleihen und Gold, zu neudeutsch: Multi-Asset. Die Liquidität der Anlagen ist wichtig, um auf Veränderungen des Anlageumfelds reagieren und Gelegenheiten nutzen zu können. Auf Ebene der Einzeltitel gilt es, Chancen und Risiken stets aufs Neue abzuwägen. In turbulenten Phasen ist diese Strategie widerstandsfähig genug, um Verluste auf ein tragbares Mass zu begrenzen. In ruhigen Zeiten lassen sich damit gute Erträge erwirtschaften. Voraussetzung dafür ist ein hohes Mass an Flexibilität.
2018 ist ein gutes Beispiel für die Vorzüge eines flexiblen Multi-Asset-Ansatzes. Nehmen wir unsere Multiple-Opportunities-Strategie als Beispiel: Nach dem stetigen Kursanstieg am Aktienmarkt 2017 hatten wir Ende des Jahres damit begonnen, Teile unseres Portfolios gegen Kursrückschläge abzusichern. Der Anstieg der Bewertungen einzelner Titel und Sektoren erschien uns zu diesem Zeitpunkt ambitioniert, ein Rücksetzer nicht unwahrscheinlich. Dass der Rücksetzer dann tatsächlich Anfang 2018 kam, war sicherlich so nicht vorhersehbar und etwas glücklich vom Timing. Nichtsdestotrotz hat uns die Teilabsicherung des Portfolios geholfen, die zum Teil empfindlichen Kursverluste bei einzelnen Titeln abzufedern.
Geholfen hat uns auch unser US-Dollar-Exposure. Diversifikation – ein Vermögen möglichst breit aufstellen – ist eine unserer wichtigsten Leitlinien. Nicht alles auf das Sparbuch. Nicht alles in Anleihen. Und auch nicht alles in Aktien oder Edelmetalle. In der Diversifikation spiegelt sich die Einsicht des Investors wider, die Zukunft nicht vorhersagen zu können, sich aber bestmöglich wappnen zu wollen. Diversifikation bedeutet aber nicht nur, sein Vermögen auf verschiedene Anlageklassen und Einzeltitel aufzuteilen. Das wäre zu kurz gesprungen. Ein Vermögen sinnvoll zu streuen, bedeutet auch, es auf verschiedene Währungsräume aufzuteilen. Wir hatten deshalb ganz bewusst darauf verzichtet, unser US-Dollar-Exposure vollständig abzusichern.
Im Jahresverlauf erholten sich die Kurse wieder – das Kapitalmarktumfeld blieb jedoch fragil. Wir haben seinerzeit die Kursrücksetzer genutzt und sehr selektiv einzelne Aktien-Positionen antizyklisch auf- bzw. ausgebaut. Der kaufmännische Ansatz sollte unseres Erachtens ein ganz wesentliches Merkmal einer langfristigen Multi-Asset-Strategie sein. Chancen erkennen und dann auch nutzen. Essentiell ist dabei, sich von der klassischen Portfoliotheorie zu lösen, die Volatilität als Risiko definiert. Warum sollte das Risiko, eine Aktie zu kaufen, nachdem sie 30 Prozent verloren hat (und sich an der Qualität des Unternehmens langfristig nichts verändert hat), grösser sein als der Kauf zum Höchstkurs? Ganz im Gegenteil, das Risiko ist unseres Erachtens deutlich niedriger. Der Gewinn liegt schliesslich auch im Einkauf – nicht mehr, nicht weniger.
Wichtig ist uns deshalb, eine ausreichend bemessene Liquiditätsreserve zu halten. Sie verschafft uns die Flexibilität, Opportunitäten wahrnehmen zu können, so sie sich bieten. In einem solchen Umfeld wird es immer wieder Gelegenheiten geben. So geschehen im Oktober dieses Jahres. Weltweit korrigierten die Aktienmärkte deutlich, insbesondere die Aktien der grossen Tech-Unternehmen. Deren Bewertungen waren in den Monaten zuvor auf zum Teil sehr ambitionierte Niveaus gestiegen, vorsichtig ausgedrückt. Viele Investoren hatten eben diese Titel nur aus einem einzigen Grund im Portfolio: Weil sie stiegen – unabhängig davon, ob es dafür gute oder schlechte Gründe gab.
Börsengehandelte Indexfonds ( ETFs ) verstärkten diesen Trend zusätzlich, weil sie die Indexgewichtungen der grossen Tech-Konzerne anpassen, also entsprechend nachkaufen mussten. Das führte nicht zuletzt dazu, dass die Indexentwicklung des S&P 500 im Wesentlichen von der Kursentwicklung der Tech-Riesen getrieben war, was den Index als solchen verzerrt hat. Wenn also davon die Rede war, dass US-Aktien im Schnitt zu teuer seien, traf das vor allem auf die Bewertungen der Tech-Riesen zu. Auch wir haben Tech-Aktien im Portfolio, allerdings beschränken wir uns auf die Titel, deren künftige Gewinnerwartungen sich unseres Erachtens seriös nachvollziehen lassen.
In der Phase, in der die Kurse der grossen Tech-Konzerne deutlich gestiegen sind, die Erwartungen der Investoren sozusagen die beste aller Welten einpreisten, liefen wir der Entwicklung der Indizes hinterher. Als deren Kurse dann deutlich korrigierten, zahlte sich aus, dass wir uns eben auf einige wenige Titel beschränkt und die „Highflyer“ gemieden hatten. Der Preis ist das, was man zahlt, der Wert, was man dafür bekommt. Wie gute Kaufleute das beim An- und Verkauf ihrer Waren tun, sollten Anleger den Wert der Unternehmen, in die sie investieren möchten, genau prüfen. Liegt der Preis möglicherweise deutlich über dem potenziellen Wert der Anlage? Oder ist der Preis angemessen, besser sogar niedriger als der tatsächliche Wert? Anleger sollten sich niemals von den Übertreibungen an den Börsen leiten lassen, sondern stets den Blick auf den wahren Wert einer Anlage richten.
Geholfen hat uns in den vergangenen Wochen auch unsere Portfolio-Versicherung – Gold. Das Edelmetall ist ein ganz wichtiger Bestandteil unserer gemischten Portfolios (direkt und/oder indirekt). Eine Versicherung gegen die uns bekannten und unbekannten Risiken des Finanzsystems. Als die Sorgen um Italiens Staatshaushalt in den Fokus rückten – und damit auch die Frage nach der Zukunftstauglichkeit der Eurozone – legte der Goldpreis zu.
Wir haben die Kursrücksetzer am Aktienmarkt erneut genutzt, um gezielt Beteiligungen, deren Chance-Risiko-Profil sich unseres Erachtens deutlich verbessert hat, auf- bzw. auszubauen. Wir gehen zwar davon aus, dass die Märkte volatil bleiben und die Kurse durchaus nochmal deutlicher zurücksetzen könnten. Allerdings würden wir das eher als eine weitere Möglichkeit betrachten, Opportunitäten wahrzunehmen denn als Vorboten eines grossen Crashs. An den wichtigsten Parametern hat sich unseres Erachtens nichts verändert: Das Zinsniveau ist und bleibt niedrig, insbesondere in Japan und der Eurozone. Dem tragen wir Rechnung, indem ein erheblicher Teil des Fondsvermögens in Aktien erstklassiger Unternehmen disponiert ist.
Eine robuste Anlagestrategie ist die Grundlage für langfristige Anlageerfolge – und sie hilft uns, auch in turbulenten Zeiten das Vermögen unserer Anleger bestmöglich zu erhalten. Die Vergangenheit zeigt, dass wir damit nicht ganz unrecht hatten.