15.08.2019 -
Kryptowährungen müssen einige Bedingungen erfüllen, damit sie interessant sind, erklärt Philipp Vorndran im Interview.
Herr Vorndran, Sie beschäftigen sich schon viele Jahre mit Kryptowährungen und haben auch selbst Bitcoins erworben. Warum?
Philipp Vorndran: Wenn ich über bestimmte Dinge spreche, dann möchte ich auch wissen wie sie funktionieren. Und zwar nicht nur in der Theorie, sondern in der Praxis. Nur so entwickelt sich ein persönliches Gespür für neue Anlageformen. Das gilt auch für Kryptowährungen: Man sollte mal ein Wallet aufgebaut haben, man sollte mal gehandelt haben. Wie wollen Sie Kryptowährungen sonst beurteilen können?
Was macht Kryptowährungen in Ihren Augen interessant?
Der Charme der Kryptowährungen besteht unter anderem darin, dass sie unabhängig sind vom Finanzsystem und den Staaten.
Welche Funktion könnten Kryptowährungen in Zukunft haben?
Bei den Kryptowährungen werden wir stärker unterscheiden zwischen der Aufgabe als Zahlungsverkehr und Wertaufbewahrungsfunktion. Bisher ist das bei unserem herkömmlichen Geld ein und dasselbe Instrument gewesen: Der Euro ist Zahlungsmittel und Wertaufbewahrung in einem. Es ist durchaus denkbar, dass Kryptowährungen die Funktion des Geldes, wie wir sie heute kennen, in Zukunft möglicherweise trennen werden.
Bislang umweht viele Kryptowährungen der Hauch des Geheimnisvollen. Das fördert nicht gerade das Vertrauen in digitales Geld. Wer beispielsweise hinter der Erfindung des Bitcoins steckt, ist immer noch nicht geklärt.
Was spricht dagegen, dass Kryptowährungen in Zukunft von Unternehmen oder Notenbanken emittiert werden? Wenn die Bevölkerung diese Institutionen als zuverlässig erachtet, dann könnten sich Kryptowährungen etablieren. Als Zahlungsmittel oder Wertaufbewahrungsmittel oder beides in einem. Ein Beispiel liefert derzeit die von Facebook geplante Kryptowährung Libra als Zahlungsmittel. Facebook verfügt mit weltweit mehr als 2,4 Milliarden aktiven Nutzern zum einen über die nötigen Economies of scale – also Skaleneffekte. Zum anderen aber auch über ein gewisses Mass an Vertrauen, das nicht nur durch Facebook, sondern auch durch beteiligte Partnerunternehmen ausgestrahlt wird. Das könnten Voraussetzungen für den Erfolg einer Kryptowährung sein. Dass hier etwas Spannendes entsteht, zeigt auch der starke Gegenwind gegen Libra. Das sollte uns aufhorchen lassen: Innerhalb weniger Wochen nach Bekanntgabe der Pläne wurde schon so viel über Libra geschrieben, und Kritik geäussert, dass man durchaus die Vermutung haben könnte, hier fürchtete jemand um seinen Besitzstand.
Könnte dieser Gegenwind stärker werden und den Bestand von Kryptowährungen gefährden?
Die Vergangenheit lehrt uns, dass sich neue Technologien auf Dauer durchsetzen werden – auch wenn es anfänglich Gegenwind gibt. Warum sollte das bei Kryptowährungen anders sein? Ich bin davon überzeugt, dass wir in fünf bis zehn Jahren immer noch Kryptowährungen haben, die vielleicht noch bedeutender sind als die heute. Welche Kryptowährung mit welcher Funktion in Zukunft aber das Rennen macht, das kann Ihnen keiner sagen. Ich auch nicht. Spannend bleibt die Entwicklung dennoch. Und deshalb wäre es gut, wenn viele Anleger schon heute erste praktische Erfahrungen mit Kryptos sammeln.