15.01.2019 -
Populismus löst keine Probleme, kostet aber viel Geld. Am Ende stehen höhere Staatsschulden und grössere Haushaltsdefizite. Das Finanzsystem wird fragiler.
Wer über Populismus spricht, muss auch über Globalisierung sprechen. Die Globalisierung hat in den vergangenen 30 Jahren mehr als eine Milliarde Menschen aus der Armut befreit und ihnen einen moderaten Wohlstand beschert. China ist dabei der unangefochtene Globalisierungsgewinner: Das chinesische Bruttoinlandsprodukt hat sich seit dem Jahr 2000 von 1.215 auf knapp 13.500 Milliarden US-Dollar verelffacht und damit wesentlich zum Weltwirtschaftswachstum beigetragen. Doch es gibt auch Verlierer. Gerade in Europa und in den USA kämpft die klassische Mittelschicht trotz insgesamt niedriger Arbeitslosigkeit mit dem Verlust gutbezahlter Jobs und Abstiegsängsten. Verstärkt wird dieses Gefühl durch Migration.
Mit der Abstiegsangst schlägt die Stunde der Populisten: Der Brexit, der Wahlsieg von Donald Trump, das Regierungsbündnis der linken 5-Sterne-Bewegung mit der rechten Lega in Italien und die Protestbewegung der Gelbwesten in Frankreich sind auch ein Ergebnis dieser Entwicklung. Populisten von links und rechts eint die Skepsis gegenüber Globalisierung und Migration, die Geringschätzung des „Establishments“ und der Glaube an einen starken Staat. Der soll die Bürger umfassend gegen Eindringlinge und soziale Risiken schützen.
Das Erfolgsrezept: Wahlversprechen. Und die kosten Geld in der Umsetzung. So versprach die italienische Regierung ein bedingungsloses Grundeinkommen und die Rücknahme der Rentenreform. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reagierte auf den Protest der „Gelbwesten“ und strich Steuererhöhungen auf Treibstoff aus dem Haushalt 2019. Und US-Präsident Donald Trump verfolgt weiterhin den Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko.
Die Folge: steigende Haushaltsdefizite und weiter wachsende Staatsschulden. So dürfte das Haushaltsdefizit in Frankreich auf möglicherweise mehr als drei Prozent steigen. Denn Einsparungen an anderer Stelle zur Finanzierung sind politisch kaum durchsetzbar. Und Italiens Regierung dürfte mit grossem Interesse verfolgen, wie die Europäische Union (EU) mit den französischen Defizitsündern umgeht. Als Ergebnis wird die Haushaltsdisziplin in der EU schrittweise ausgehöhlt.
Populismus führt zu einer expansiveren Fiskalpolitik. Die kann sich kurzfristig stimulierend auf die Wirtschaft auswirken. Falls nicht, wie in Frankreich, legt sie die Wirtschaft lahm. Langfristig treibt der Populismus aber die Staatsverschuldung in die Höhe. Sei es durch kostspielige Regierungsprogramme oder Ad-hoc-Massnahmen zur Besänftigung von Protesten. Dies gilt nicht nur für die Eurozone, sondern auch für die USA, deren Defizit im laufenden Haushaltsjahr auf fast fünf Prozent steigen wird.