22.03.2022 -
Das perfekte Portfolio für jedermann gibt es nicht. So individuell, wie die Menschen und deren Lebensumstände sind, so sollten auch die Geldanlagen sein.
In der privaten Geldanlage gibt es ein grosses Missverständnis. Ranglisten, Anlagetipps oder Produktempfehlungen suggerieren, dass man nur in den besten Fonds investieren sollte, dann wäre alles gut. Man muss sich um nichts weiter kümmern, die Rendite kommt dann wie von selbst. Doch so einfach ist das Thema leider nicht.
Denn das beste Portfolio für alle – das gibt es leider nicht. Die Bedürfnisse der Anleger sind sehr verschieden. Auch wenn Aktien derzeit vielleicht die attraktivste Anlageklasse sind, bedeutet das noch lange nicht, dass jeder sein ganzes Vermögen in diese Anlageklasse investieren sollte. Nicht alle können etwa die temporären Schwankungen, die nun mal zum Aktienmarkt dazugehören, auch aushalten. Oder sie benötigen einen grösseren Teil ihres Vermögens genau dann, wenn die Kurse zeitweise im Keller sind. Auf der anderen Seite reichen die Sparbuchzinsen bei weitem nicht aus, den Wert des Ersparten real, also nach Inflation , zu erhalten.
So individuell, wie die Menschen und deren Lebensumstände sind, so sollten auch die Geldanlagen sein. Wie gross ist das gesamte Vermögen? Wann benötigen die Anleger ihr investiertes Kapital? Vor allem aber: Wie gross sind die Renditeerwartungen – und welche Wertschwankungen sind akzeptabel? So einfach diese Fragen auf den ersten Blick erscheinen, so schwierig fällt es vielen, hier realistische Antworten zu finden.
Nehmen wir einmal die zu erwartende Rendite. Die Zahlen, die dann genannt werden, liegen häufig um die fünf Prozent, oft sogar noch deutlich darüber. Ein Problem: Viele rechnen vor allem mit der Nominalrendite und vergessen die anfallenden Steuern und Gebühren. Vergessen wird auch die Inflation, die am Geldwert nagt. Zieht man all das ab, bleiben „real“ dann häufig nicht fünf Prozent übrig, sondern weniger als ein Prozent. Es geht also darum, was real, also nach Kosten und Steuern, übrig bleibt.
Zum anderen ist vielen Anlegern nicht klar, welche Investments es braucht, um ihre (oftmals ambitionierten) Renditeziele zu erreichen. Klar ist nur: Mit den Null- und Negativrenditen auf Sparkonten lässt sich der Wert des Ersparten mit Blick auf Inflation nicht erhalten. Aber wie sieht es mit Aktien aus? Machen wir mal eine kleine, zugegeben stark vereinfachte Rechnung auf: Nehmen wir an, ein Anleger investiert 50 Prozent seines Vermögens auf das Sparkonto und 50 Prozent in Aktien erstklassiger Unternehmen oder einen guten Aktienfonds; was für viele deutsche Anleger schon eine mutige Anlagestrategie wäre. Sechs Prozent bringen Aktien, im langjährigen Vergleich. Null plus sechs durch zwei ist drei. Ein solches Portfolio wirft langfristig realistischerweise drei Prozent Rendite pro Jahr ab – vor Kosten, Steuern und Inflation wohlgemerkt.
Anders ausgedrückt: Selbst wer heute, in einer Welt ohne Zinsen, die Hälfte seines Vermögens in Aktien steckt, wird es vermutlich nicht hinbekommen, sein Vermögen langfristig zu erhalten. Er braucht also noch mehr, nicht weniger Aktien.
Andererseits können Aktienkurse temporär schwanken. Wer sein Vermögen kurzfristig benötigt, sollte das einkalkulieren. Einige Monatsgehälter können gerne auf dem Girokonto liegen bleiben. Für die persönliche Liquidität , Urlaub, Anschaffungen und Kosten mit denen man nicht rechnet. Ein Uniabsolvent, der gerade den ersten Job beginnt, muss temporäre Börsencrashs nicht fürchten, wenn er noch viele Dekaden zum Vermögensaufbau vor sich hat. Anders sieht es wohl für einen Senior aus, der bereits ein grösseres Vermögen aufgebaut hat, das er bald verbrauchen möchte.
Uns ist deshalb eines besonders wichtig: Das perfekte Portfolio für jedermann gibt es nicht. Erfolgreiche Geldanlage beginnt mit einer realistischen Lagebeurteilung. Wer fünf Prozent wünscht, muss sich zuerst im Klaren darüber sein, was er damit meint: nominal oder real. Und er muss eine Ahnung davon haben, was nötig ist zu, um dieses Renditeziel zu erreichen. Wunsch und Wirklichkeit müssen zusammenpassen.
Kenntnis ist gefragt. Einerseits Selbstkenntnis, um zu wissen, welche Schwankungen man tatsächlich aushalten kann und welche Renditeziele man erwartet. Andererseits Fachkenntnis. Wer zumindest Grundwissen von Finanzmärkten und Anlageklassen hat, ist im Vorteil.
Fordern Sie Ihren Berater wie sich selbst! Die Beschäftigung mit dem Geldanlagethema kann sich lohnen. Finanziell wie intellektuell.
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