24.01.2018 -
Die Zinsen sinken. Seit langem. Doch viele Sparer bleiben dem Sparkonto treu und akzeptieren den realen Wertverlust ihres Vermögens. Unverdrossen. Eben weil die Zinsen so niedrig sind. Ein Kommentar.
Kennen Sie das „Zins-Paradox“? Es ist ein weitverbreitetes Phänomen. Viele Sparer sind davon betroffen, wie zahllose Studien, Umfragen und Forschungsergebnisse belegen. Das Credo der Sparer lautet: „Je länger die Zinsen niedrig bleiben, desto wahrscheinlicher wird es, dass sie wieder steigen“. Das Paradoxe daran: Die erste Hälfte der Aussage stimmt, und deshalb glauben viele Sparer, dass die zweite Hälfe der Aussage auch stimmen muss.
Tatsächlich stimmt es: Die Zinsen sind schon sehr lange sehr niedrig. Das liegt an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Bis zum 8. Oktober 2008 lag der Leitzins im Euroraum noch bei 4,00 Prozent. Mehr als zehn Jahre und 18 Zinsschritte später liegt er bei 0,0 Prozent.
In den vergangenen zehn Jahren hatten Zinssparer wenig Freude. Denn: Die Preise steigen. Seit Jahren schrumpft mit ihren Sparkonten nach Abzug der Inflation ihr Geldvermögen real. Bei großen Beträgen braucht es nicht einmal steigende Preise. Immer mehr Banken verlangen „Negativzinsen“. Eine Bezeichnung, die die Wiener Börse zum „Börsenunwort des Jahres 2017“ kürte. Kurz: Sparer werden dafür bestraft, dass sie Geld auf die hohe Kante legen.
Doch all das ficht viele Sparer nicht an. Ein Beispiel aus Deutschland: Dort horten Sparer rund 2,2 Billionen Euro in ertragsschwachen Zinsanlagen. Trotz Inflation, trotz Strafzins. Und – auch das gehört zum „Zins-Paradox“ – die Summe stieg in der vergangenen Jahren – obwohl die Zinsen immer tiefer sanken! Die Deutschen sparen weiter als wäre nichts passiert. In Tages- und Festgelder, Banksparpläne, Bausparverträge, kapitalbildende Lebenpolicen. Das deutsche Beispiel zeigt eindrücklich, was auch Sparer in anderen Ländern erfahren: Ihr Erspartes verliert real an Wert, wenn das Geld auf dem Sparbuch liegen bleibt.
„Hoffnung ist ein Instinkt, den nur das menschliche Vernunftdenken töten kann“ Zitat von Graham Greene
Es gilt das Prinzip Hoffnung, die Überzeugung: „Nach so einer langen Zeit müssen die Zinsen doch endlich mal wieder steigen!“. Im Alltag würde niemand nach dieser Maxime handeln. Sonst müsste man wohl in einer Wüste Teiche anlegen, weil es nach so vielen Jahren der Trockenheit doch endlich einmal regnen muss.
So vergehen die Jahre. Und nichts passiert. Und es wird auch in Zukunft nichts passieren. Das ist zumindest unsere feste Überzeugung. Eine echte Zinswende die ihren Namen auch verdient, wird auch in den nächsten Jahren nicht kommen. Das bedeutet nicht, dass die Zinsen nicht auch mal wieder etwas steigen können. Um einige zehntel Prozentpunkte vielleicht. Kurzfristig können sie aus unserer Sicht vielleicht auch mal deutlich höher liegen. Nachhaltige Zinsniveaus von vier, fünf oder sechs Prozent, wie es sie vor der Finanzkrise einmal gab, halten wir hingegen für unrealistisch.
Eurozone braucht Niedrigzinsen zum Überleben
Das hat einen Grund: Bei einem deutlichen Anstieg des Zinsniveaus, würden die hoch verschuldeten Volkswirtschaften in der Eurozone wohl irgendwann unter den massiv gestiegenen Zinszahlungen für ihre Verbindlichkeiten zusammenbrechen. Dann stünde der auch Euro zur Disposition – und genau das möchte die Notenbanker von der EZB verhindern, „whatever it takes“.
Die Geschichte vom Zins-Paradox hat aber auch ein Happy End. Zumindest für diejenigen, die das es erkennen und umsteuern. Wenn Sparer zu Geldanlegern werden, dann bieten sich Chancen. Eine Alternative zu Festgeldern können unseres Erachtens beispielsweise aktive Fonds sein, die vor allem in Anleihen investieren. Ihr Ziel: Nah dran am Festgeld, aber besseres Renditepotenzial.
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